Inhalt der Website:: La Lupa ist anders. Wenn die in Zürich lebende Tessinerin italienische Lieder oder Gedichte singt, taucht sie in die Ozeane der Gefühle ein - und mit ihr das Publikum. Was heisst singen: La Lupa erleidet die melancholisch-tragischen Texte. Dann trägt ihr Vortrag Brecht'sche Züge. Doch wo echter Witz vor (fast) nichts haltmacht, darf Tragik komisch werden, Frivolität ergreifend.
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Brückenbauer, von Salome Zimmernann
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Mit ihren knallroten Haaren und den farbenfrohen Gewändern fällt sie auf. Die 52-jährige La Lupa liebt das Schöne und ist mit Leib und Seele Künstlerin: Beim Singen erlebt sie die grössten Glücksmomente, dann vibrieren Körper und Seele. Die zugleich temperamentvolle und ruhige Tessinerin lebt in Zürich. Sie ist seit 29 Jahren mit einem Bankfachmann verheiratet.
"Brückenbauer": La Lupa, was haben sie mit einer Wölfin gemeinsam?
La Lupa: Ich weiss es nicht. Ich habe mich nicht selbst so genannt: Mit dem Kosenamen "Lupa" werde ich seit meiner Kindheit im Tessin gerufen. Wölfe leben zwar im Rudel, sind gleichzeitig aber auch sehr einsame Tiere. Vielleicht habe ich dies mit ihnen gemeinsam. Einerseits brauche ich Menschen um mich herum, andernteils schätze ich das Alleinsein.
Wie würden Sie sich mit ein paar Adjektiven beschreiben?
Ich bin naiv, tolerant, festlich und humorvoll.
Was bedeutet Singen für Sie?
Das Singen ist für mich die stärkste und intensivste Erfahrung. Wenn ich singe, dann vibriert mein ganzer Körper, und die Energien zirkulieren. Dieses beglückende und befreiende Gefühl ist vergleichbar mit einem Auto, das auf Hochtouren läuft. Auch wenn ich zu Hause übe, gebe ich immer mein Bestes, so als ob ich vor vielen Leuten stünde. Singen auf Sparflamme kenne ich nicht.
Welche Wirkung erhoffen Sie sich beim Publikum durch Ihre Auftritte?
Ich versuche, mit Liedern, Gedichten und Musik beim Publikum neue Welten entstehen zu lassen: Mit meinen Kommentaren lenke ich die Gedankenbilder in eine bestimmte Richtung: Dann entsteht eine Übertragung von meinen Bildern in die Köpfe der Leute, und bei jedem entsteht eine eigene Geschichte daraus. Diese Vielfalt empfinde ich als das Wunder des Theaters. Ich liefere nur den Aufhänger, der Rest geschieht von allein in den Köpfen der Zuschauer. Ich singe von Liebe, Leidenschaft, Angst und Tod. Diese Gefühle gehen alle Leute an, ich habe sie nicht für mich gepachtet. Mir allein gehört nichts, nicht einmal mein Gesang.
Haben Ihre Theaterabende auch einen andere Zweck als die Unterhaltung?
An meinen Abenden betreibe ich Kulturaustausch: Ich bringe den Leuten das Italienische und die südliche Lebensart näher. Obwohl ich italienisch singe, verstehen mich die Leute, weil ich das, was ich darbiete, auch lebe.
Was unterscheidet die Künstlerin von der Privatperson?
Bei mir gibt es keine Trennung. Ich bin, wie ich bin, sowohl als Künstlerin wie auch als Privatperson. Ich lebe mein Leben so echt wie möglich. Deshalb liegen bei meiner Arbeit keine Konzessionen drin. Wenn ich den lukrativeren Showbusiness-Weg eischlagen würde, könnte ich wahrscheinlich nicht mehr singen. Ich denke, ich würde für meinen "Verrat" bestraft werden.
Hat ihre Kindheit im Tessiner Onsernone-Tal Sie geprägt?
Oh ja. Wenn man von einem Tal kommt, besteht eine im wörtlichen Sinn Blutsverbindung untereinander. Man ist ja mit fast allen Leuten verwandt, und dies spürt man. Der enge Zusammenhalt wurde mir vor allem bewusst, als ich im Alter von zwanzig Jahren das Tal verliess und in Zürich auf eine neue Sprache und Kultur traf.
Fühlen Sie sich heute als Zürcherin oder als Tessinerin?
Ich bin beides. Meine Stadt ist Zürich, und meine Überlegungen und Gedanken kann ich besser auf deutsch ausdrücken. Trotzdem bin ich von meiner Herkunft, meiner Natur und Kultur her Tessinerin geblieben.
Weshalb singen Sie jedes Jahr in der Karwoche vom Zürcher Grossmünster herab?
Ich singe in der Karwoche sogenannte Lamenti. Das sind Klagen über den Tod. Sie stammen aus Venedig und entstanden während der Pestzeit. Ich singe von der Kirche herab, weil die Leute den Tod verdrängen. Dies ist sehr ungesund. Denn wenn man den Tod nicht vor Augen hat, kann man auch nicht richtig leben. Ich finde den Umgang mit dem Tod in unserer Gesellschaft krankhaft. Es bleibt keine richtige Möglichkeit zum Trauern, und Todesrituale haben keinen Platz mehr.
Wovon lassen Sie sich inspirieren?
Die Ideen kommen mir beim Nichtstun und beim Wandern in den Bergen. Ich reise auch gern in Städte wie Venedig, denn dort habe ich keine Verpflichtungen. Wichtig ist, dass ich mich ganz leer fühle und mich selbst vergessen kann. Dann entdecke ich plötzlich einfache Wahrheiten, die schon immer da waren, mir aber bis anhin verborgen geblieben waren.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Ich habe kein Lebensmotto, sondern ein Lebenscredo. Ich bemühe mich, mir weniger Sorgen zu machen und weniger Angst zu haben. Ich probiere, nicht zuviel zu denken und mehr zu sein.
Sind Sie glücklich?
Ich bin dann glücklich, wenn ich ganz bei mir selbst bin. Dieser Zustand ist nicht einfach zu erreichen. Am meisten bei mir selbst bin ich beim Singen.